Chorbuch 34: 168 vierstimmige Kompositionen zu Offizium und Messe: 112 Psalmsätze, 8 Hymnen, 8 Magnifikat-Vertonungen, 3 Propriumsätze, 31 Vertonungen zur Vesperliturgie

Typ:
Handschrift (Band mit mehreren Werken)
Erscheinungsdatum:
um 1515
Umfang:
273 Bl.
Bestand:
Handschriften
Signatur:
Chorbuch 34
besitzende Institution:
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek
Literatur:
-- Karl Erich Roediger, Die geistlichen Musikhandschriften der Universitätsbibliothek Jena, Bd. 1 (Textband), Jena 1935, S. 53f.
-- J. Heidrich, Die deutschen Chorbücher aus der Hofkapelle Friedrich des Weisen (Sammlung Musikwissenschaftlicher Abhandlungen, 84), Baden-Baden 1993, S. 326ff.
-- Kathryn Ann P. Duffy, The books of Ordinaries, in: (Dies.), The Jena Choirbooks: Music and Liturgy at the Castle Church in Wittenberg under Frederick the Wise, Elector of Saxony. Vol. 1 & 2, Chicago 1995
-- J. Heidrich, "Jena: Musikhandschriften", in: Musik in Geschichte und Gegenwart: Sachteil, Kassel 1996, 4. Aufl., Sp. 1451-1455, hier: Sp. 1453-1454
Anmerkung:
Aufgrund der Einbandanalyse kann diese Handschrift als "mitteldeutsch" eingestuft werden und gehört demnach nicht den süddeutschen Codices, sondern der Wittenberger Quellengruppe an. Die Untersuchung der Einbände hatte ergeben, dass die Chorbücher 34 und 35 genau jene Einbandstempel aufweisen, wie sie für die Wittenberger kurfürstliche Bibliothek charakteristisch sind. Die enge Verwandtschaft der beiden Chorbücher dokumentiert weiterhin die nahezu einheitliche Zusammentsellung aus nur einer Papiersorte. Zudem wurden beide Quellen von nur einem Schreiber ingrossiert; es handelt sich hierbei um II/Q, der damit eindeutig als mitteldeutsche Hand charakterisiert ist. Nach dem bisher vorliegenden Kenntnisstand dürften die Wittenberger Codices entschieden später zu terminieren sein; wie Papier- und Einbanduntersuchung nahelegen, kommt eine Entstehungszeit vor 1510 nicht in Betracht.

Jeder Majuskel sind die zum entsprechenden Fest vorhandenen Sätze beigeordnet, und zwar in der Reihenfolge, wie sie auch in der Handschrift vorliegt. An den Datumsangaben wird erkennbar, ob eine Abweichung von der liturgischen Jahresordnung vorliegt. In Bezug auf die Zusammenstellung der Psalmen wird deutlich, dass wiederholt die gleiche Kombination Verwendung findet. Es sei dabei betont, dass es sich bei dieser Zusammenstellung um Textkonkordanzen handelt. Der Gebrauch musikalischer Konkordanzen ist nicht weniger ausgeprägt. Dabei ist beachtenswert, dass die Verwendung musikalisch gleicher Sätze sich nicht auf gleich beschaffene Texte beschränkt, sich auch keinen inhaltlich-liturgischen Abläufen unterordnet, sondern, wie es scheint, völlig unsystematisch vollzieht.
Zusammen mit den 25 Unikaten stehen für die 112 Psalmsätze insgesamt 51 verschiedene Vertonungen zur Verfügung; alles Übrige sind Wiederholungen. Weiterhin wird deutlich, dass die einzelnen Feste nicht gleichmäßig bestückt sind. Während die großen Hauptfeste des liturgischen Jahreskreises jeweils durch eine 5er-Gruppe Psalmen und, im Einzelnen wechselnd, zusätzlich mit Hymnus und/ oder Antiphonen ausgestattet wurden, sind vor allem die weniger bedeutenden Heiligenfeste nur durch eine vereinzelte "Antiphona ad Suffragium" repräsentiert. Nun fällt auf, dass gerade diese isoliert stehenden Antiphonen häufig so platziert sind, dass sie nicht an der ihrer Bestimmung gemäßen Stelle im liturgischen Jahreskreis untergebracht sind. In der Aufstellung wird zwischen vollständigen Psalmformularen und Einzelsätzen unterschieden. Es wird deutlich, dass ausschließlich die Einzelsätze entgegen der liturgischen Ordnung notiert sind, und zwar bis auf zwei Ausnahmen ganz regelmäßig. Man hat den Eindruck, als wären diese, zudem in der Regel sehr kurzen Sätze, gelegenheitshalber in bestehende Freiräume zwischen die eigentlichen Hauptformulare nachgetragen worden. Zumindest handelt es sich um Suffragien. Nur in wenigen Fällen gelingt es darum dem Ingrossisten, jene Suffragien an der kalendarisch richtigen Stelle zu plazieren. Aus dieser erkennbaren Differenzierung von "planmäßigem" und "eingeschobenem" Repertoire lässt sich als Konsequenz ein Kernrepertoire festlegen, in dem die Hoch- sowie die wichtigsten Marienfeste repräsentiert sind, also eine schlüssige inhaltliche Konzeption vorliegt und die liturgische Jahresordnung gewährleistet. • Notationstechnisch auffällig an diesen, etwas später als die süddeutschen Quellen entstandenen Codices (um 1515) ist der überwiegende Gebrauch der spätgotischen Hufnagelnotation im Tenor: Damit ist die hier überlieferte Musik dem besonders in Deutschland verbreiteten Prinzip des "cantus floridus seu fractus" zugewiesen; die breite Beteiligung des ab 1507 am sächsischen Hof tätigen A. Rener bei der Komposition dieser Stücke ist wahrscheinlich.