Chorbuch 22: 13 Messen (Ordinaria) & 1 Kyrie

Typ:
Handschrift (Band mit mehreren Werken)
Erscheinungsdatum:
ca. 1500 - 1505
Umfang:
163 Bl.
Bestand:
Handschriften
Signatur:
Chorbuch 22
Entstehungsort:
Flandern
besitzende Institution:
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek
Literatur:
-- Karl Erich Roediger, Die geistlichen Musikhandschriften der Universitätsbibliothek Jena, Bd. 1 (Textband), Jena 1935, S. 51
-- Herbert Kellmann, Josquin and the Courts of the Netherlands and France: The Evidence of the Sources, in: E.E. Lowinssky and B. Blackburn (Hrsg.), Josquin des Prez. Proceeding of the International Josquin Festival Conference, Londoin / New York 1976, S. 190-192, 209-210
-- Martin Staehelin, Die Messen Heinrich Isaacs (Publikationen der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft, Seria II, 28/ Bd 1-3), Bern, Stuttgart 1977, Bd. 1: S. XXV, S. 34, 58, 85; Bd. III: S. 99-100, 204
-- C. Hamm & Herbert Kellmann (Hrsg.), Census-Catalogue of Manuscript Sources of Polyphonic Music. 1400-1550, 1. Auflg., Neuhausen-Stuttgart 1979, S. 294-295; 5. Auflg. (1988), S. 414
-- Herbert Kellmann, The Treasury of Petrus Alamire. Music and Art in Flemish Court Manuscripts 1500-1535, Gent und Amsterdam 1999, S. 107-109
Anmerkung:
Auf Bl. 1 steht ein originales Inhaltsverzeichnis, dessen Angaben im Notenkatalog als Überschriften zu den einzelnen Komponisten gebracht werden.
Bl. 102v Miniatur: in einem bläulichweißen, aus Blättern zusammengesetzten K schwebt Maria mit dem Kinde auf der Mondsichel in einem Kranze weißer und roter Rosen. Das Bild ist auf Goldgrund gemalt, aus dem Ober- und kurze Seitenleiste hervorgehen. Die Ausführung weicht von den anderen Jenaer Pergamenthandschriften ab. So verbinden diese Handschriften, die nach dem aufgestellten Zusammenhang bis auf das etwa zehn Jahre früher hergestellte Chorbuch 22 im zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts geschrieben wurden, das Vergangene mit der bereits gegenwärtigen Fülle des Neuen.
Eine großer Ähnlichkeit zwischen dem Jenaer Chorbuch 22 und dem Wiener Chorbuch (NB) 1783 zeigt sich sowohl in ihrer gemeinsamen Handschrift als auch in ihren gleichen Formaten und Seitengestaltungen sowie in ihren extravagant dekorierten kalligraphischen Initialien.
Der eindrucksvollste Aspekt dieser Handschrift ist ihre Präsentation der 8 Messen durch La Rue. Das Chorbuch 22 ist dadurch eine der ersten von den zahlreichen Handschriften in dem burgundisch-habsburgischen Komplex, welches eine große Anhäufung der Messen dieses Komponisten offeriert und dadurch seine große Bedeutung innerhalb der höfischen Parxis sakral-polyphoner Musik hervorhebt.
Die anderen darin inhaltenen Komponisten sind ebenfalls Holländische Musiker, darunter natürlich auch Alexander Agricola (1446-1506), der nur im Jahre 1500 in die Kirche Philips des Gerechten eintrat, nach Jahren der Arbeit in Frankreich und Italien. Agricolas Ostermesse stellt hierbei eine Kuriosität dar, da das Werk nicht mit seinem eigenen Credo (Glaubensbekenntnis) aufgeführt wird, sondern mit dem Credo "Missa Tmeiskin was jonck" des Komponisten Heinrich Isaac (1450-1517).
Martin Staehelin hat aufgezeigt, dass dieses und einige andere Credo-Einfügungen Vermutungen zulassen können, dass die ordinären Anordnungen von Kirchliedern innhalb einer Messe die Tendenz in sich bergen, nicht verwandte Credos anzuziehen, da natürlich diese Gesänge oftmals kein dezidiert aufgetragenes Credo einbeziehen. Staehelin hat außerdem herausgefunden, dass die Jenaer Lesart der Arbeit Isaacs der Ausdeutung von VerBC756 sehr nahe ist .