Graf Wilhelm von Henneberg informiert seine Hofräte in Schleusingen über die Schlacht bei Frankenhausen, die Niederlage der Bauern in Schwaben und über die Gefangennahme Thomas Müntzers.

Signatur:
ThStAM, GHA, Sect. II Nr. 622 (alt H 41) und 685 (alt J 22)
Seitenangabe:
Nr. 622, Bl. 1r-3v; Nr. 685, Bl. 3r
Datierung:
16.5.-19.5.1525
Orte:
Bad Langensalza
Bad Langensalza
Mühlhausen/Thüringen
Bad Frankenhausen (Kyffhäuser)
Schleusingen
Waiblingen
Würzburg
Schmalkalden
Untermaßfeld
Wichtige Personen:
Wilhelm <Henneberg, Graf, IV.> (* 1478 † 1559)
Anastasia <Brandenburg> (* 1478 † 1534)
Philipp <Hessen, Landgraf, I.> (* 1504-11-13 † 1567-03-31)
Heinrich <Wolfenbüttel, Herzog> (* 1489 † 1568)
Feige, Johannes (* 1482 † 1543-03-20)
Wilhelm Adolf
Wanbach, Heinz von
Müntzer, Thomas (* 1489 † 1525)
Bearbeiter:
Gleiß, Friedhelm
Überlieferungsform:
Ausfertigung
Verweis auf andere Quellen:
weitere Briefwechsel und Akten von Wilhelm von Henneberg: Otto Merx/Günther Franz (Hrsg.), Akten zur Geschichte des Bauernkriegs in Mitteldeutschland. Bd. 1. Leipzig/Berlin 1923/1934.
Historische Einordnung:
Auch vor und nach dem sogenannten Bauernkrieg von 1525 gab es im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit bäuerliche und städtische Unruhen. Zu keiner anderen Zeit aber waren die Aufstände gegen die Obrigkeit so heftig und traten in weiten Teilen Mitteldeutschlands und des südlichen deutschen Sprachgebiets gleichzeitig auf. Im Gegensatz zu den Fürsten, die die Aufstände niederschlugen, entwickelten die Bauern jedoch nur selten ein einheitliches Vorgehen oder überterritoriale Vereinigungen.
Die Ursachen des Bauernkriegs waren vielschichtig und regional sehr unterschiedlich. Sie lagen u. a. in der schlechten wirtschaftlichen Lage großer Teile der Landbevölkerung begründet, die sich durch vermehrte Abgaben und Missernten noch zuspitzte. Der Ausbau des frühmodernen Territorialstaats führte zudem neben neuen Belastungen zur Einschränkung der Nutzungsrechte von früher gemeinsam genutztem Eigentum (Wälder, Wiesen, Gewässer) und der politischen Freiheiten der Land- und Stadtgemeinden. Mit der reformatorischen Bewegung waren ein Autoritätsverlust der Kirche und die Forderung nach einer radikalen Umgestaltung der Gesellschaft auf der Grundlage der Heiligen Schrift verbunden. So strebten die Aufständischen u. a. nach der freien Pfarrerwahl durch die Gemeinden und nach der Abschaffung der wirtschaftlichen Privilegien der Geistlichen, der Klöster und des Adels.

Obrigkeiten mittelgroßer Gebiete wie die Grafen von Henneberg, Mansfeld und Schwarzburg befanden sich im Bauernkrieg in einer Zwickmühle: Da sie auf den Aufstand nicht vorbereitet waren und innerhalb kurzer Zeit kaum Reiter und Söldner ausheben oder anwerben konnten, drohte ihnen zum einen die Entmachtung durch die Bauern. Zumindest die gemäßigte Partei der Aufständischen erstrebte aber keine völlige Entmachtung der bestehenden Obrigkeiten. Unterstellten sich die Grafen dem Schutz der Fürsten/großen Territorialstaaten – wie etwa dem sächsisch-ernestinischen Kurfürstentum und dem sächsisch-albertinischen Herzogtum –, bestand zum anderen das Risiko der Einverleibung durch diese. Die mächtiger werdenden Territorialstaaten schwächten ohnehin schon die politische und wirtschaftliche Macht der Grafen und des Niederadels. Viele Grafen hofften insgeheim auf einen Sieg der Bauern, weil dieser die Chance der Schwächung der Territorialstaaten bot. Außerdem rechneten die Grafen damit, sich durch den Bauernkrieg Kirchenbesitz aneignen zu können. So waren sich die Grafen oft unsicher, auf welche Seite sie sich im Bauernkrieg stellen sollten. Viele von ihnen verbündeten sich mehr oder weniger freiwillig mit den Aufständischen und übernahmen unter ihnen auch führende Positionen. Als sich der Sieg der Fürsten über die Bauern abzeichnete, gingen sie wieder auf deren Seite über. Andere Grafen und Niederadelige verhielten sich dagegen strikt ablehnend gegenüber dem Aufruhr.

Graf Wilhelm von Henneberg, der die vorliegenden Dokumente verfasste, hatte zunächst dem Bischof von Würzburg Hilfe gegen die Aufständischen zugesagt. Als sich aber auch Wilhelms eigene Untertanen am Aufruhr beteiligten, konzentrierte er sich darauf, die Besatzung seiner Burgen bzw. Schlösser zu verstärken und mit genügend Nahrung zu versorgen. Am 3. Mai 1525 nahm Wilhelm im Lager der Bauern vor Meiningen die „Zwölf Artikel“, einen weit verbreiteten Forderungskatalog der Aufständischen, an. Seine Stellung als Obrigkeit wurde von den Bauern offenbar anerkannt. Obwohl die Situation in seinem Herrschaftsgebiet noch unentschieden war, zog Wilhelm nach Langensalza, wo er am 15. Mai ankam. Wahrscheinlich wollte er sich bei den kurz zuvor nach Frankenhausen gezogenen Fürsten militärische Unterstützung für die Niederschlagung des Aufstands in seinem Gebiet verschaffen. Von Langensalza aus informierte er seine in der Residenz Schleusingen verbliebenen Räte am 16. und 19. Mai über Neuigkeiten bezüglich des Aufruhrs und über seine weiteren Pläne. Diese Briefe, die u. a. die Niederlage der Bauern bei Frankenhausen und die Gefangennahme Thomas Müntzers thematisieren, liegen der vorliegenden Edition zugrunde.
Am 25. Mai teilte Wilhelm seinen Untertanen mit, dass er bei Landgraf Philipp von Hessen die eigentlich geplante Plünderung des hennebergischen Gebiets verhindert hatte. Er forderte die Aufständischen zur Rückkehr in ihre Dörfer auf. Endgültig beendet war der Bauernkrieg im Henneberger Land aber erst nach der Kapitulation der Aufständischen in Meiningen am 5. Juni gegenüber Wilhelm von Henneberg und Kurfürst Johann von Sachsen. Der Sieg der Fürsten stärkte die Position der Territorialstaaten.
Literatur:
Peter Blickle, Die Revolution von 1525. 4., durchges. und bibliogr. erw. Aufl. München 2004.
Rudolf Endres, Thüringen, in: Horst Buszello/Peter Blickle/Rudolf Endres (Hrsg.), Der deutsche Bauernkrieg. 3., bibliogr. erg. Aufl. Paderborn/München/Wien/Zürich 1995, S. 154-176.
Johannes Mötsch, Der Aufstand im südlichen Thüringen, in: Günter Vogler (Hrsg.), Bauernkrieg zwischen Harz und Thüringer Wald. (Historische Mitteilungen, Bd. 69.) Stuttgart 2008, S. 113-133.
Günter Vogler (Hrsg.), Bauernkrieg zwischen Harz und Thüringer Wald. (Historische Mitteilungen, Bd. 69.) Stuttgart 2008.
Karl Zeitel, Die Reformation im Henneberger Land von den Anfängen bis zur Annahme der Augsburgischen Konfession durch Wilhelm von Henneberg nach zeitgenössischen Zeugnissen. (Sonderveröffentlichung des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins Nr. 5.) Hildburghausen 1994, S. 21-33.
Nachweis früherer Editionen:
Ludwig Bechstein, Stücke aus dem Bauernkriege, in: Deutsches Museum für Geschichte, Literatur, Kunst und Alterthumsforschung. Bd. 2 (1843), S. 1-98, hier 73-75 (z.T. moderne Übertragung).
Manfred Kobuch/Ernst Müller, Der deutsche Bauernkrieg in Dokumenten. Aus staatlichen Archiven der Deutschen Demokratischen Republik. Anläßlich des 450. Jahrestages des deutschen Bauernkrieges hrsg. v. der Staatlichen Archivverwaltung in Verbindung mit den Staatsarchiven Dresden und Weimar. Weimar 1977, Nr. 40, S. 96f. (Teiledition).
Otto Merx/Günther Franz (Hrsg.), Akten zur Geschichte des Bauernkriegs in Mitteldeutschland. Bd. 1. 2. Abteilung. Leipzig/Berlin 1934, Nr. 743, S. 491; Nr. 756, S. 497 (Teiledition).