Papst Clemens VII. bestätigt den Fuldaer Abt Johann III. von Henneberg, dessen Wahl nach verschiedenen Beratungen über die von gottlosen Tyrannen, Schismatikern und lutherischen Häretikern ausgehenden Gefahren für das Kloster und seine Vasallen erfolgt war

Historische Einordnung:
Mit der Urkunde bestätigte Papst Clemens VII. die Wahl des Grafen Johann von Henneberg zum Abt der Reichsabtei Fulda im Februar 1531. Sie wurde erst rund anderthalb Jahre nach dieser Wahl im August/September 1532 in Rom ausgestellt und expediert, „da man doch lang mit ist umbgangen“, wie der Abt in einem Brief an seinen Vater bemerkte, als er die Urkunde abermals ein halbes Jahr später, Ende Januar 1533, endlich in Händen hielt. Gleichzeitig, so fuhr er fort, werde er darin „hefftig ermant, des Lutters ler zum eusseren zu verfoligen“. Er bezieht sich damit auf die in der Tat bemerkenswerten, in der Narratio der Urkunde entfalteten Anforderungen an den neuen Abt, der den Konvent und die Vasallen des Klosters „vor den gottlosen Tyrannen, Schismatikern und lutherischen Häretikern, von denen der Ort dieses Klosters, wie man weiß, umgeben ist, und von denen sie schwere Schäden durch Bedrängung erleiden, schützen“ können und wollen soll („qui [...] eos necnon dilectos filios illius vassallos ab impiis tirannis, scismaticis et hereticis Lutheranis, quibus locus eiusdem monasterii circundatus dinoscitur, et a quibus gravia damna per obsidionem sustentuerant, tueri posset et vellet“). Freilich gibt die Urkunde in ihren erzählenden Teilen nur das wieder, was zuvor in einer Supplik an die römische Kurie herangetragen worden war.
Johann (als Graf von Henneberg IV., als Abt von Fulda III.) wurde 1503 als Sohn des Grafen Wilhelm IV. von Henneberg-Schleusingen geboren. Obwohl er der älteste überlebende Sohn war, wurde er nach dem Vorbild seines Großonkels und Taufpaten Abt Johann II. von Fulda zum geistlichen Stand bestimmt – Ausdruck einer Familienstrategie, mit der die Grafen von Henneberg versuchten, über das sehr schmale herrschaftliche Substrat ihrer eigenen Grafschaft hinaus auch geistliche Fürstentümer zu besetzen. Mit Bertold von Henneberg (1441/42 –1504) hatten sie an der Jahrhundertwende einen der bedeutenden Erzbischöfe von Mainz gestellt. Ehre, Machtmittel und Netzwerke des geistlichen Fürstenstandes waren eine Möglichkeit, um Rang und Einflussmöglichkeiten der Familie zu erhöhen. Dementsprechend wurde Johann in den folgenden Jahren mit Domherrenpfründen in Straßburg, Mainz, Bamberg und Köln ausgestattet und zum Studium nach Mainz und Paris gesandt. 1516 gelang es Wilhelm außerdem, den damals Dreizehnjährigen als Koadjutor mit dem Recht zur Nachfolge in Fulda zu installieren. Er nützte dafür geschickt ein politisches Zerwürfnis, zu dem es zwischen dem bisherigen Abt Hartmann Burggraf von Kirchberg und dem Stiftskapitel nach der erfolglosen Inkorporation der Abtei Hersfeld gekommen war. Zunächst konnte sich Hartmann in der Abtei noch behaupten. Erst nach einem auf dem Wormser Reichstag 1521 ausgehandelten Vertrag zog er sich aus Fulda unter Beibehaltung des Fürstabttitels zurück und überließ dem Koadjutor die faktische Ausübung der Regierungsgewalt. Diese Entwicklung war kurzzeitig sogar mit dem Schicksal Luthers verknüpft: Als Luther auf dem Rückweg vom Wormser Reichstag bei Steinbach überfallen wurde, fiel der Verdacht der verwunderten und rätselnden Reichsöffentlichkeit zunächst auf Graf Wilhelm IV. von Henneberg: Er habe Luther gefangen gesetzt, um im Gegenzug die päpstliche Bestätigung für die Koadjutorie seines Sohnes zu erhalten, so ein Gerücht, das ein hennebergischer Bediensteter dem Grafen kolportierte. Erst später wurde bekannt, dass Luther nicht von seinen Gegnern verschleppt, sondern von Kurfürst Friedrich dem Weisen auf der Wartburg in Sicherheit gebracht worden war.
Trotz dieser günstigen Aussichten machte Johannes nie einen Hehl daraus, dass er keinerlei Neigung zum Klosterleben besaß: „Den wider sin, noch lust, noch wille stet mich nach einer kutten“, bekannte er freimütig 1521, nun achtzehnjährig. Die ihm mit der Wahlkapitulation auferlegte Ablegung der Profess (Ordensversprechen) zögerte er deshalb hinaus. Bis zum Entscheidungsjahr 1524 duldete er in Fulda eine maßvolle Predigt im Sinne Luthers. Während des Bauernkriegs zeigte er ebenfalls eine nachgiebige Haltung, ließ sich in Verhandlungen mit den Aufständischen ein und duldete, dass man ihm anstelle seines geistlichen Titels den weltlichen Titel „Fürst in Buchen“ (in Anspielung auf den alten Namen des Fuldaer Landes „Buchonia“) beilegte. Vielleicht spekulierte er sogar darauf, Fulda zu säkularisieren und ein Hennebergisches Nebenland zu begründen. Bis zum „geistlichen Vorbehalt“ im Augsburger Religionsfrieden von 1555 war das eine denkbare Option. Luther hatte sowohl den Deutschordenshochmeister Albrecht von Preußen als auch seinen Vetter Kardinal Albrecht von Brandenburg dazu aufgefordert; der erstgenannte hatte von dieser Möglichkeit bekanntlich – mit weit reichenden Konsequenzen – Gebrauch gemacht. Erzbischof Gebhard von Köln verfolgte noch 1582/83 ähnliche Pläne.
Ein Niederschlagen des Aufstandes in Fulda war 1525 nur durch eine hessische Intervention möglich, und wiederum nur mit großen Anstrengungen und aufgrund des Ansehens und der Verbindungen der Reichsabtei gelang es, in der Folge eine dauerhafte Unterstellung Fuldas unter Hessen abzuwehren.
Auch als mit dem Tod Abt Hartmanns 1529 der Abtstitel frei geworden war, sträubte sich Johann weiterhin gegen die Ablegung der Profess. Er holte deswegen sogar den Rat Luthers ein. Erst in letzter Sekunde, als das Stiftskapitel bereits zur Wahl eines neuen Abtes geschritten war, lenkte er aus Gründen der Familienräson ein, legte im Februar 1531 das Ordensgelübde ab und ließ sich zum Abt wählen.
Vor diesem Hintergrund ist der Satz zu verstehen, dass die Abwehr von Schismatikern und Häretikern im Vorfeld der Abtswahl vom Stiftskapitel verschiedentlich erörtert worden sei („post diversos inter eos [...] habitos tractatus“). Er verschweigt die eigentlichen Probleme, die die Abtswahl verzögert hatten (wie Johann von Henneberg schon auf dem Augsburger Reichstag 1530 gegenüber dem Kaiser mit dem Religionsgegensatz argumentiert hatte, um die Belehnung mit den Regalien zu verschieben, die ihrerseits die Ablegung der Profess voraussetzte) und beschreibt die Situation, in der sich die Abtei befand. Bereits während des Bauernkriegs hatte Fulda erhebliche Zerstörungen zu erleiden gehabt. Die Behauptung der Abtei in der veränderten politischen Landschaft inmitten evangelischer Nachbarn und Vasallen, war die Herausforderung, die sich für jeden neuen Abt stellte. Mit der Aufnahme dieses Satzes in die Urkunde (bzw. die ihr zugrundeliegende Supplik) wollte der Konvent offenkundig dem bisher zögerlichen Koadjutor ein entschiedenes Eintreten gegen Luthers Lehren ins Stammbuch schreiben, so wie die Urkunde auch explizit auf die abgelegte Ordensprofess („monachum [...] ordinem ipsum expresse professum“) abhebt.
Für Abt Johannes bedeutete die päpstliche Bestätigung die Voraussetzung für die kaiserliche Belehnung mit den weltlichen Regalien, die seine Herrschaftsgrundlage als Reichsfürst darstellten. Nur acht Jahre später, 1541, endete sein ereignisreiches, durch das Ringen von freiem Willen, Gewissen und dynastischer Räson geprägte Leben. Für die Fürstabtei Fulda blieb die 1531/32 skizzierte Bedrohungslage bestehen. Die Selbstbeschreibung, von Schismatikern und Häretikern umgeben zu sein, wurde zur Grundlage für die Abgrenzung von der Reformation und die wenig später einsetzenden katholischen Reform.
Literatur:
Wolfgang Breul, Abt wider Willen. Johann III. von Henneberg (1503–1541) in der Reichsabtei Fulda. In: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 55, 2003, S. 227–258.
Wolfgang Breul-Kunkel, Herrschaftskrise und Reformation. Die Reichsabteien Fulda und Hersfeld ca. 1500–1525. (Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte, Bd. 71.) Gütersloh 2000.
G[eorg] Brückner, Möhra, Luther und Graf Wilhelm von Henneberg. In: Archiv für Sächsische Geschichte 2, 1864, 27–58 und 7, 1869, S. 205–207, hier 53 f.
Eckart Henning, Die gefürstete Grafschaft Henneberg-Schleusingen im Zeitalter der Reformation. (Mitteldeutsche Forschungen, Bd. 88.) Köln-Wien 1981, v.a. S. 22–26, 110.